Lamya Kaddor ist islamische Religionspädagogin, Islamwissenschaftlerin und Publizistin und Mitbegründerin des Liberal-Islamischen Bundes e. V. Sie bildete an der Universität Münster islamische Religionslehrer:innen aus und ist Mitherausgeberin der ersten Schulbuchreihe für den islamischen Religionsunterricht. Zudem initiierte sie die erste Koran-Übersetzung für Kinder. Sie leitete mehrere Präventionsprogramme für Jugendliche (gegen Islamismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit), u. a. in einem Projekt an der Universität Duisburg-Essen. Seit 2003 unterrichtet Lamya Kaddor Islamische Religion an weiterführenden Schulen in Duisburg. Sie schreibt viel beachtete Kolumnen, erhielt mehrfach Preise für ihre Arbeit und wurde als eine der einflussreichsten Musliminnen Europas ausgezeichnet. Seit 2021 ist sie Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Duisburg-Süd. Kaddor ist Innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Interview mit Jurymitglied Lamya Kaddor
Tatsächlich habe ich Hoffnung für diese Welt! Auch wenn wir gerade – und besonders durch die Corona-Pandemie – mit sehr unterschiedlichen Wahrnehmungen und Perspektiven konfrontiert sind, die unser Leben kompliziert scheinen lassen. Manchmal frage ich mich schon „Was ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhalten kann?“ Seitens der Politik können wir da nicht allzu viel erwarten. Ich bin der Meinung, dass nur Kunst und Kultur in der Lage sind, Grenzen – auch Grenzen im Denken – zu überwinden. Die Einreichungen für The Power of the Arts zeigen uns das immer wieder und daraus schöpfe ich tatsächlich Hoffnung und Mut.
Integration funktioniert in einer Gesellschaft, die sich nicht in einer extremen oder einer Ausnahmesituation befindet. In einer Gesellschaft, die nach Orientierung sucht und ein Teil der Bevölkerung jenen hinterherläuft, die vermeintlich Orientierung bieten, ist es schwer, den Menschen ein zukunftsfähiges, stabiles Angebot zu machen. Eine unserer größten Herausforderungen ist es, in diesen unsicheren Zeiten zu einer verlässlichen Haltung zu finden und Stärke und Kontinuität anzubieten.
Die Herausforderungen kommen ja in immer kürzeren Abständen: Klimakrise, Eurokrise, Flüchtlingskrise und jetzt Corona. Auch angesichts dieser globalen Herausforderungen müssen wir es schaffen, friedlich miteinander zu leben. Bildung, Kunst und Kultur sind dafür essentiell und müssen deswegen gefördert werden.
Interview mit Jurymitglied Lamya Kaddor
Islamwissenschaftlerin und Jurymitglied Lamya Kaddor über ihre Motivation bei The Power of the Arts mitzuwirken und die Notwendigkeit sich gerade in den heutigen Zeiten für den Erhalt einer diversen Gesellschaft einzusetzen.
Ich bin davon überzeugt, dass Integration auch in Kunst und Kultur ausgedrückt werden kann, da diese vielfältig und individuell – wie eben Kunst auch – verläuft. Aus diesem Grund habe ich die Einladung, in der Jury mitzuwirken, gern angenommen.
Die ideale Zukunftsgesellschaft kann nur funktionieren, wenn sie demokratische Werte, wie Gleichberechtigung von Mann und Frau, Meinungsfreiheit, künstlerische Freiheit und Religionsfreiheit (aus-)lebt. Zukunftsfähig sind offene und freie Gesellschaften, die durch Diversität als wichtiges Element ihres Zusammenlebens gekennzeichnet sind.
Wir leben in Zeiten, in denen rechte Kräfte – sowohl gesellschaftlich wie auch politisch – erstarken und eine Homogenität propagieren, die weder real ist noch erstrebenswert sein kann.
Wir leben in einer offenen, modernen Gesellschaft, die zunehmend divers wird. Gleichzeitig erstarken in dieser von Globalisierung und digitaler Revolution geprägten Gesellschaft Kräfte, die sich gegen diese (Weiter-)Entwicklung stark machen, weil sie sich davon auf unterschiedlichste Weise bedroht fühlen. Aus diesem Grund sollte Diversität ein zentraler Baustein eines „neuen Wirs“ darstellen.
Der Zugang zur Teilhabe bzw. die Teilhabe selbst über die Künste erfordert zunächst einmal keine Voraussetzungen außer dem künstlerischen Interesse und dem Willen, durch Kunst den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu stärken.